Die neue ISO 50006 trägt den Titel „Energiemanagementsysteme – Messung der energiebezogenen Leistung unter Nutzung von energetischen Ausgangsbasen (EnB) und Energieleistungskennzahlen (EnPI) – Allgemeine Grundsätze und Leitlinien“. Sie zeigt Unternehmen den schrittweisen Weg zu aussagekräftigen Energieleistungskennzahlen und zu einer stabilen energetischen Ausgangsbasis auf.
Bislang bereitete es den Unternehmen durchaus Probleme, für eine gewünschte Energieeffizienzsteigerung die notwendigen Energieleistungskennzahlen zu bestimmen. Manchem Unternehmen fällt es beispielsweise schwer, die spezifischen EnPIs (englisch: energy performance indicators) festzulegen oder sie verwenden hier vollkommen falsche Werte. Die ISO 50006 soll dem Abhilfe schaffen. Deshalb enthält sie nicht nur zahlreiche Praxisbeispiele und detaillierte Erklärungen, sondern auch einen standardisierten Methodenvorschlag.
Methodenvorschlag
Der Methodenvorschlag basiert auf folgenden Punkten:
- Auskünfte über die energiebezogenen Leistungen einholen und schriftlich fixieren.
- Festlegung der Energieleistungskennzahlen.
- Definition der energetischen Ausgangsbasis.
- Verwendung der EnPIs und der energetischen Ausgangsbasen.
- Anpassung bzw. Aufrechterhaltung der EnPIs sowie der energetischen Ausgangsbasen.
Das Messen der Leistung
Soll die Leistung gemessen werden, kommt den Variablen und den statischen Faktoren eine gewichtige Rolle zu. Wer beispielsweise den Energieverbrauch seiner Heizungsanlage kontrolliert und die Daten regelmäßig vergleicht, muss dabei beispielsweise auch die Außentemperatur berücksichtigen. Ist es ein warmer Sommer, wird deutlich weniger Energie benötigt als im nassen Herbst oder im kalten Winter. Diese Einflüsse werden in der ISO 50006 als Variablen bezeichnet.
Damit die unterschiedlichen Energieleistungskennzahlen miteinander verglichen werden können, sind diese um die entsprechenden Variablen zu bereinigen. Dabei ist in erheblichem Umfang zwischen Variablen, die eine energiebezogene Leistung erheblich beeinflussen können, und Variablen, welche nur einen geringen Einfluss haben, zu differenzieren. Um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten und gleichzeitig die Bedeutung der einzelnen Variablen repräsentativ festmachen zu können, sollten Sie eine umfangreiche und tiefgreifende Datenanalyse vornehmen.
Des Weiteren bezeichnet die ISO 50006 Faktoren, die sich über den gesamten Zeitraum nicht verändern, zugleich aber die energiebezogene Leistung der Firma beeinflussen, als statische Faktoren.
Energieleistungskennzahlen festlegen – die vier verschiedenen Typen kurz vorgestellt
Die Energieleistungskennzahlen differieren hinsichtlich ihrer Komplexität, zugleich unterscheiden sie sich aber auch in der Art und Weise ihrer Bestimmung.
- Die absoluten Energieleistungskennzahlen erfassen den Energiebedarf im Ganzen. Für die Bewertung der energiebezogenen Leistung eines Unternehmens sind sie nicht besonders gut geeignet.
- Bei den relativen Energieleistungskennzahlen wird der Energieverbrauch in Bezug zu weiteren Werten gesetzt. Zu diesen Werten können beispielsweise die Anzahl der Quadratmeter, aber auch die der Mitarbeiter gehören. Ist die Grundlast zu hoch oder ändern sich die Variablen sehr stark, so stößt dieses Verfahren bald an seine Grenzen.
- Bei den statistischen Kennzahlen wird die Beziehung zwischen energiebezogenen Leistungen und weiteren unterschiedlichen Variablen untersucht. Dabei wird sowohl auf lineare als auch auf nicht-lineare Regressionen zurückgegriffen. Dieses Verfahren eignet sich beispielsweise dann, wenn die energiebezogene Leistung eines Hotels oder einer anderen Herberge bestimmt werden soll.
- Auf ein technisches Modell einen technischen Modellierungsansatz sollte zurückgegriffen werden, sofern sich relevante Variablen gegenseitig beeinflussen. Dies ist beispielsweise beim Druck und der Temperatur der Fall.
Wichtig ist, dass jede Energieleistungskennzahl eine eigene energetische Ausgangsbasis zur Grundlage haben muss. Dabei sollte ein Zeitraum von einem Jahr berücksichtigt werden. So lassen sich periodische Schwankungen durch Niederschläge oder andere Wetterunbilden gut berücksichtigen.
Welche Bedeutung hat der PDCA-Zyklus?
Auf den PDCA-Zyklus verweisen alle Normen von Energiemanagementsystemen, so auch die ISO 50001. Der Buchstabe C in der Abkürzung PDCA steht dabei für „Check“, also die Überwachung und Messung von Prozessen sowie von Tätigkeiten, welche eine energiebezogene Leistung bestimmen. In der ISO 50006 ist dazu Folgendes zu lesen: „Um die energiebezogene Leistung ihrer Einrichtungen, Prozesse und Ausrüstung wirksam zu steuern, müssen Organisationen wissen, wie Energie eingesetzt und wie viel über einen Zeitraum verbraucht wird.“
In der ISO 9000:2015 wird genauer darauf hingewiesen, was als Überwachung zu verstehen ist. Hier finden sich aber keine Informationen dazu, dass eine Messung immer eine Bezugsgröße, in unserem Fall also eine Maßeinheit benötige. So ist es möglich, den Stromverbrauch in kWh zu messen, die Maßeinheit jedoch als Wattstunde. Weltweit wird dabei auf die gleiche Berechnungsform zurückgegriffen – zehn Meter bleiben immer zehn Meter, eine Kilowattstunde überall eine Kilowattstunde. Die Messergebnisse hängen somit nur noch von den verwendeten Messverfahren und Messgeräten ab. Obwohl in der ISO 50001 festgelegt wurde, dass Messeinrichtungen fehlerfreie Daten zu liefern haben – was naturgemäß nicht möglich ist -, wurde durch die DAkkS im Dokument 71 SD 6 046 festgelegt, dass Organisationen angemessene Fehlertoleranzen festlegen können. Natürlich ist auf deren Einhaltung zu achten.
Welche Bedeutung haben Energieleistungskennzahlen und Ausgangsbasis?
Bei Messungen muss immer ein Vergleich mit einer Bezugsgröße erfolgen. Die energetische Ausgangsbasis ist eine solche Bezugsgröße. Sie wird für die Messung der energiebezogenen Leistung herangezogen. Die energetische Ausgangsbasis muss sich auf einen festgelegten Zeitraum beziehen.
Die energiebezogenen Leistungen werden aus den Faktoren Energieverbrauch, Energieeinsatz bzw. Energieeffizienz bestimmt. Eine EnPI ist entsprechend der ISO 50001 eine solche Messgröße. Die energetische Ausgangsbilanz stellt eine Leistungskennzahl dar, die als Bezugsgröße für die Messung der jeweiligen energiebezogenen Leistung dient. Die Organisation selbst legt fest, welche Energieleistungskennzahlen verwendet werden und welche hiervon in die Bestimmung der energetischen Ausgangsbasis einfließen. Die ISO 50001 muss dabei natürlich Berücksichtigung finden. Es empfiehlt sich im Übrigen, zuerst die EnPIs festzulegen und erst im nächsten Schritt die energetischen Ausgangsbasen.
Die Methodik und auch die Kennzahlen selbst sind regelmäßig zu überprüfen und mit der energetischen Ausgangsbasis zu vergleichen. Die Energieleistungskennzahlen sollen die zu ermittelnden Variablen berücksichtigen, welche sich auf den Energieverbrauch auswirken. Es ist möglich, dafür sowohl Energiemanagementsysteme, verschiedene Energieeinsätze und auch Einrichtungen bzw. Prozesse festgeschrieben werden.
Die wichtigsten Grundlagen für die energetische Bewertung
In der ISO 50001 ist geregelt, dass bei einer energetischen Bewertung die energetische Ausgangsbasis „unter Verwendung der Informationen aus der erstmaligen energetischen Bewertung“ anzufertigen ist. Gleichzeitig sagt die Regelung aber nicht, welche Informationen dazu wichtig sind. Dies wird in der ISO 50006 nun spezifiziert. Der Unterabschnitt 4.2 hat die „Erlangung relevanter energiebezogener Leistungsinformationen aus der energetischen Bewertung“ zum Inhalt. Darauf sind wir bereits im Abschnitt „Methodenvorschlag“ eingegangen.
- Zuerst muss eine Aufstellung der Energieträger sowie der dazugehörigen Energiewerte – zu denen beispielsweise der Verbrauch und die Spitzenlast gehören – erfolgen.
- Danach sind die möglicherweise energierelevanten Einrichtungen, technischen Ausrüstungen sowie Prozesse inklusive deren Energiewerte und wesentlichen Energieeinsätze zu ermitteln. Die Energieeinsätze werden auch als SEU (englisch: significant energy use) bezeichnet.
- Daraufhin sind die relevanten Variablen, welche die Energieeinsätze beeinflussen, zu identifizieren und zu quantifizieren.
- Jetzt gilt es, die einzelnen energiebezogenen Leistungen der Einrichtungen, Prozesse und Ausrüstungen, die zuvor als SEU identifiziert wurden, zu bestimmen und eine Abschätzung zukünftiger Energiewerte vorzunehmen.
- Sodann sind Möglichkeiten zur Optimierung der energiebezogenen Leistung zu identifizieren und ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen.
Festlegung der Energieleistungskennzahlen und -grenzen
Sowohl die Energieleistungskennzahlen als auch die energetische Ausgangsbasis lassen sich auf verschiedenen Ebenen ermitteln. Zum Einen können sie für die gesamte Organisation (hier entspricht der Anwendungsbereich dem gesamten Energiemanagementsystem, welches vor Ort zum Tragen kommt), für einzelne Prozesse bzw. Systeme (als Beispiel seien die Dampferzeugung und -nutzung erwähnt) und für einzelne Einrichtungen, Ausrüstungen und weitere Anlagen angewandt werden. Die EnPI/EnB-Grenzen berücksichtigen die wesentlichen Energieeinsätze (SEUs), aber auch Prozesse und Einrichtungen, auf die im Rahmen des Energiemanagementsystems besonders geachtet werden soll. Die Energieflüsse und auch die Grenzen der energetischen Ausgangsbasis sowie der Energieleistungskennzahlen lassen sich in einem Diagramm darstellen, um so notwendige Messungen identifizieren zu können.
Relevante Variablen berücksichtigen
Weiter oben ist unter Punkt 3) aufgeführt, dass die relevanten Variablen zu berücksichtigen sind. Im Bereich der Datensammlung gilt es, die Daten für jede Energieleistungskennzahl und alle energetischen Ausgangsbasen festzulegen und dabei Energieträger und relevante Variablen zu berücksichtigen. Um diese Daten zu sammeln, kann es notwendig sein, zusätzliche Sensoren oder Zähler einzubauen, wobei die anfallenden Kosten zu berücksichtigen sind. ES ist auch möglich, Schätzwerte zu verwenden, die dann aber genau wie die Methoden dokumentiert werden müssen. In der ISO 50006 wird die Messung empfohlen. Auch temporäre Messungen sind möglich, hier sollten sich die Häufigkeit und der Messzeitpunkt für die EnPI-Berechnung nicht ändern.
Für energetische Bewertung Energieleistungskennzahlen festlegen
Für die Festlegung der EnPIs sind weitere Faktoren wichtig. Dazu gehören unter anderem die Möglichkeiten zur Verbesserung energiebezogener Leistungen und die daraufhin festgesetzten operativen Energieziele. Mit EnPI-Werten sollten diese gekennzeichnet werden, um so dokumentieren zu können, ob es zu Änderungen bei der energiebezogenen Leistung kam und ob die gesteckten Ziele erreicht wurden. Entsprechend der ISO 50006 sind weitere Schlüsselfaktoren für die Festlegung der Leistungskennzahlen die Benutzer und deren Anforderungen. Zu den internen Benutzern gehören beispielsweise die Geschäftsführung, der Energiemanagementbeauftragte, Abteilungsleiter, Mitarbeiter, Instandhaltungspersonal etc., die die Kennzahlen zur Überwachung nutzen. Zu den externen Nutzern gehören Aufsichtsbehörden und auch die Auditoren.
Verwendung der Kennzahlen
Als wichtigste Verwendungsmöglichkeit ist die in der ISO 50001 vorgesehene Überwachung energiebezogener Leistung inklusive deren Messung im Vergleich zur energetischen Ausgangsbasis anzusehen. Die ISO 50006 gibt dabei drei Varianten vor:
- Berechnung der Differenz aus EnPI Berichtszeitraum und EnB,
- Berechnung möglicher Veränderungen des EnPI im Vergleich zum EnB-Wert (Angaben in Prozent),
- Berechnung des aktuellen Verhältnisses zwischen dem Wert des Berichtszeitraums zum EnB-Wert.
Kommt es bei der Datenermittlung zu „Ausreißern“, muss diesen nachgespürt und deren Gründe analysiert werden. Ein solcher Fall kann beispielsweise dann eintreten, wenn eine technische Anlage zwischendurch abgeschaltet wurde.
Fazit
Natürlich erscheint die Umsetzung der ISO 50006 für viele erst einmal sehr schwierig bzw. komplex. Sie stehen allerdings nicht allein vor dieser Aufgabe – wir von der Cornelius Ober GmbH unterstützen Sie bzw. Ihr Unternehmen gern bei der Auditierung bzw. einer späteren Überprüfung (Rezertifizierung) und nehmen diese auch selbst vor. Scheuen Sie sich bitte nicht, mit uns telefonisch oder per E-Mail in einen ersten Kontakt zu treten.